Trendforscher Horx - Unsere Verschwendung wird intelligent

Trendforscher Matthias Horx: Corona verändert auch die Wirtschaft

Die Corona-Pandemie wird – wie viele Krisen zuvor – zahlreiche Bereiche des Lebens verändern, auch die Wirtschaft und die Dynamik in ihren Branchen. Das zeigte der Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx (Wien) bei einer sehr ungewöhnlichen Vortragsveranstaltung des Marketingclubs Weser-Ems auf: Rund 700 Teilnehmer aus 35 Clubs, mit Schwerpunkt in Norddeutschland, waren am Mittwochabend online zugeschaltet.

Service rund ums Haus

Beispiel Tourismus: Horx erwartet, dass bisherige Massen-Phänomene – wie Kreuzfahrten – zurückbleiben, während neue Dienste wie Essen-Lieferung und anderer Service rund ums Zuhause zulegen dürften. Es gebe aktuell eine echte „Anthropause“ mit weniger Umweltschäden durch menschliche Aktivitäten. „Plötzlich sind die Kanäle in Venedig transparent“, nannte Horx ein Beispiel. Oder am Himmel sei gerade nur ein einziges Flugzeug sichtbar.

Horx kann sich vorstellen, dass immer mehr Menschen auf einen langen Urlaub setzen, auf das Verweilen, statt ganz kurz hier- oder dorthin zu reisen, wie es bisher auch in Venedig sei. Zu erwarten sei auch eine „blaue Ökonomie“, ohne menschlichen Müll. Die tägliche Verschwendung werde quasi intelligent gestaltet, mit kompletter Wiederverwertung.

Der Trend- und Zukunftsforscher Horx empfahl einmal mehr seine Arbeitsweise der „Re-Gnose“ statt Prognose. Man versetzt sich in die Zukunft – zum Beispiel Venedig im Herbst 2020 – und betrachtet Dinge rückblickend. Dadurch werde die Sicht frei, statt dass sie innerlich negiert werde. Wichtig sei die bewusste Wahrnehmung.

Neues in der Tiefenkrise

„Tiefenkrisen“ wie Corona berührten alle Ebenen, betonte der Referent. Sie setzten Energien für Veränderungen frei. Als Beispiel für Entwicklungen sprach Horx unter anderen an: Wertewandel (Was ist mir wirklich wichtig?), „Glokalisierung“ (neben dem Globalen kommt als Gegentrend die Regionalisierung, auch von Produktion), „Rurbanisierung“ (Menschen ziehen aufs Land, dort entstehen teils urbane Strukturen), neue Arbeitsformen (Arbeit daheim, z.B. auch mit Sport) oder auch eine „Renovierung der Digitalisierung“, mit aktuell liebgewonnenen Aspekten wie Garten, Haustieren, Kochen.

Marketingclub-Präsident Helmut Loerts-Sabin bezeichnete die Resonanz auf den „Highlight-Clubabend“ als überragend. Sein Team steuerte den ungewöhnlichen Videochat von einem Studio in Wardenburg aus. „Natürlich vermissen wir den direkten Kontakt“, räumte er ein.

 

Verfasser: Rüdiger zu Klampen, Nordwest-Zeitung, Oldenburg

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